Oliver Fabro mit Flamenco-Jazz im Biberacher Jazzkeller
Virtuos-virtuelle spanische Impressionen
Eigentlich war nichts daran Spanisch. Ein Lörracher – Oliver Fabro und zwei Riedlinger – Harry und Wolfgang Eisele – suggerierten dem zahlreich erschienenen Publikum im Biberacher Jazzkeller dennoch in überzeugender Weise spanisches Flair, Temperament und Leidenschaft. Das Trio aus Gitarre, Flügel und einem Sammelsurium an weiteren Instrumenten überzeugte dabei mit seiner beseelten Musik auch Skeptiker.
Leider nur zwei balladenhafte Titel enthielt das vielseitig abwechslungsreiche Programm, diese aber boten Herausragendes: echte, tiefe Emotionen, Sehnsucht ohne Künstlichkeit. Das Publikum saß völlig entrückt und verzückt und brauchte Sekunden nach dem Verklingen des Schlussakkordes um die verklärte Stimmung durch profanen Beifall wieder aufzulösen. Geschickt platziert, nur eines pro Set, bewahrten diese verträumten Stücke das begeisterte Publikum immer wieder vor dem Abheben. Unter Einsatz spanischer Klatschtechniken aus der Flamencoecke, den Palmas, durch eine höchst virtuos gespielte spanische Gitarre, durch rasende Unisonolinien zwischen Gitarre oder Mandoline und Klavier, durch erfrischende Rhythmen aus dem magischen Dreieck zwischen Spanien, Irland und Südamerika sowie durch leidenschaftliche Improvisationen im Jazzidiom schlug das sichtlich inspirierte Trio zu seinem 15-jährigen Jubiläum alle Anwesenden in seinen Bann, ließ Wogen der Begeisterung aufbranden.
Natürlich tötet eine durchlaufende Bassdrum sofort jeden Samba, Rumba, Son oder Bossa Nova und treibt Puristen zur Verzweiflung. Und natürlich lässt die bunte Vielfalt und ungenierte Mischung verschiedenster Stilmerkmale sofort den Verdacht des Eklektizismus und der Effekthascherei aufkommen. Natürlich fragt sich der Hörer mit geschultem Ohr, ob rasante Staccatopassagen im Unisono aller drei Musiker denn überhaupt sein müssen, wenn sie denn nicht tatsächlich sauber, synchron und wie selbstverständlich daherkommen. Aber wo Fabro draufsteht ist offenkundig auch Fabro drin: Alle ästhetischen Bedenken blieben nur äußerlich und wirkten aufgesetzt, weil die Kraft und Lebendigkeit der Musik sich ihre eigenen Wege bahnte und weil die persönliche Integrität der Musiker aus den Ingredienzien ihres Materials über alle Genres hinweg etwas Neues und Eigenständiges zusammenschmolz, den höchst phantasievollen Personalstil á la „Fabro“.
Ob in einer spanischen Malaguena, einem argentinischen Tango, einem irischen Reel oder einem kubanischen Son, der rhythmische Hauptmacher Wolfgang Eisele an der selbstgebauten Basstrommel und unzähligen weiteren Perkussionsinstrumenten hielt die Fäden in der Hand. So ganz nebenbei spielte der Multiinstrumentalist auch noch Querflöte, Sopran- und Altsaxophon oder die zweite Gitarre, niemals aber bloß die zweite Geige: ebenso wie sein Bruder am Piano ein profunder Aktivposten, über dem sich der souveräne Fabro zu musikalischen Höhepunkten aufschwingen konnte.