„Captured Moments“ im Jazzkeller
Musikalische Urlaubsgrüße von Charles Davis Trio
Ein ungewöhnliches Jazztrio aus Flöte, Kontrabass und Gitarre versetzte am Freitagabend mit seinem Programm „Captured Moments“ zahlreiche Biberacher Jazzfans in vorzeitige Urlaubsstimmung. Zufriedenheit oder gar Begeisterung waren wohl die vorherrschenden Emotionen des Publikums beim musikalischen Gastspiel von Charles Davis mit seinen diversen Querflöten, Sven Götz an der Gitarre und Steffen Hollenweger am Kontrabass.
Alles außerhalb des Konventionellen war angesagt. Besonders ungewöhnlich war schon das Musikinstrument, das den größten Teil des Abends im Bühnenhintergrund als über zwei Meter hoher „Destillationsapparat“ für symbolische und schließlich auch musikalische Exklusivität stand: die Kontrabass-Querflöte, deren sphärisch-fremdartige Klangfarbe zur sofortigen Entrückung führte. Extravagant, exotisch, kammermusikalisch, australisch, schwedisch, badisch, dazu noch zeitgenössisch und folkloristisch mit osteuropäischem oder arabischem Einschlag, mit einem Wort: multikulturell sollte es sein. Voller innerer Gegensätze und rhythmischer Hochspannung, gespickt mit komplizierten ungeraden Taktarten und vertrackten Rhythmen in 5/4 oder 11/4 sowie häufigen Taktwechseln im Stil des frühen Strawinsky, kam dennoch keine konstruiert wirkende akademische Musik zum Vorschein. Kontemplation und daraus folgend das Loslassen der alltäglichen Einförmigkeit war Basis eines neuartigen, gewissermaßen globalisierten Musik-Erlebens. Wohl der offenen Kultur, die in der Lage ist, so vielfältige Strömungen kraftvoll einzubinden und, ohne sich dabei selbst aufzugeben, zu etwas überzeugend Neuem zu führen. Keine hundertfach wiederholten Standardpatterns vom Schlagzeug, keine inhaltsleeren melodischen Floskeln, keine stumpfsinnigen Begleitmuster fanden sich in der Musik von Charles Davis, aus dessen Feder auch die meisten Kompositionen des Programms stammten. All das, was für gewöhnlich dazu angetan ist, Musik in den Hintergrund musikalischer Raummöblierung absinken zu lassen, war dieser Musik fremd. Dass aus all dem keine angestrengte Angespanntheit folgte, zählt zu den großen Verdiensten der drei Spitzenmusiker, die bei ihrer Sinnsuche weit abseits vom Mainstream eigene Pfade bahnen. Kongenialer Partner von Charles Davis, der unter anderem durch gleichzeitiges Hineinsingen seinen Flöten ein unglaublich breites Klangspektrum entlockte, war der deutsch-schwedische Gitarrist Sven Götz, der mit seinem gleichermaßen sensiblen und virtuosen Spiel einen Mikrokosmos an interaktiven Mustern zwischen Begleitung und Solo entfaltete und damit nicht nur Charles Davis sondern auch den stimulierend groovenden Kontrabassisten Steffen Hollenweger einband.