18.10.2024: Monika Herzig’s Sheroes – Jazzclub Biberach e.V.

18.10.2024: Monika Herzig’s Sheroes

Weibliche Jazz-Championsleague in bester Spiellaune
„Monika Herzig’s Sheroes“ gastieren auf ihrer Welttournee in Biberach
BIBERACH – Die neueste CD-Produktion von Monika Herzig’s Sheroes, „All In Good Time“, das vierte Album des Sextetts zur Feier des zehnjährigen Bestehens, steht seit 12 Wochen in den Billboard Jazz Charts der Vereinigten Staaten. Wer dort präsent und vor allem auch so lange präsent ist, ist ganz oben angekommen. Und dank der Spürnase der Programmverantwortlichen des Jazzclubs gab es jetzt die seltene Gelegenheit, im Rahmen der Reihe „Ladies in Jazz“, in einem Livekonzert an diesem unglaublichen Erfolg teilhaben zu dürfen. Der Biberacher Club findet sich damit auf der Tourliste der Sheroes in einer Reihe mit so renommierten Jazzclubs wie dem „Porgy & Bess“ in Wien oder auch dem „Ella & Louis“ in Mannheim. Zwischen zahlreichen Konzerten in den USA, Spanien, Österreich, Indien und Nepal war die oberschwäbische Kleinstadt einer der wenigen Anlaufpunkte in ganz Deutschland, am darauffolgenden Abend stand bereits Madrid auf dem Plan. Und obwohl die SHEroes – die weiblichen Heroes des Jazz – nur im Quartett antreten konnten, rissen sie die Biberacher Jazzfans im ausverkauften Jazzkeller buchstäblich vom Hocker.
In den Pausengesprächen überschlugen sich die begeisterten Kommentare im fachkundigen Publikum. Hatte der eine Jazzfan die beste Schlagzeug-Live-Darbietung überhaupt vernommen und konnte seiner Faszination über die eigens für die Tournee vom Broadway losgeeiste mexikanische Drummerin Rosa Avila kaum mit genügend starken Adjektiven Ausdruck geben, gefiel anderen Besuchern vor allem die Wiener Kontrabassistin Gina Schwarz, erst 2022 mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. Ihr brillantes Bass-Spiel gleicht einem eleganten Tanz auf und mit dem fundamentalen Instrument, das bei ihr nicht nur verlässlich groovt und virtuos-raffinierte Improvisationen mit Charme gebiert, sondern trotz der tiefen Lage eine schwebende Leichtigkeit erzeugt, die in der Szene einzigartig ist. Neben der Bandleaderin Monika Herzig steuerte sie ebenfalls eigene Kompositionen zum Programm bei.
Dass die New Yorker Guggenheim-Stipendiatin Jamie Baum elf Mal in Folge jeweils für die „beste Flötistin des Jahres“ nominiert und dabei auch meist erste oder doch vordere Plätze erreichte, konnte derjenige erahnen, der ihr beim Spielen und Improvisieren aufmerksam zuhörte. Als einziges reines Melodieinstrument des Quartetts hatte die weitgereiste Dozentin der renommierten Manhattan School of Music und der New School in New York die melodische Hauptlast des Konzertes zu tragen. Auf ihren beiden Flöten deckte sie dabei ein so breites genreübergreifendes Spektrum an musikalischen Einfällen ab, dass es an nichts mangelte.
An Preisen und Auszeichnungen mangelt es der aus Albstadt stammenden Monika Herzig ebenfalls nicht. Nach 30 Jahren als promovierte Dozentin an der Indiana University und zahlreichen Preisen (DownBeat Magazin Awards; JazzWeek) für ihre Interpretationen (u.a. als Opener für „Power of Tower“, „Sting“ und „Yes“), Kompositionen („Just Another Day at the Office“ wurde sogar in die Jazz-Sammlung „New Standards“ aufgenommen) und Forschungsarbeiten (über David Baker und Chick Corea) übernahm sie vor zwei Jahren eine Professur für „Artistic Research“ an der „Jam Music Lab Private University“ in Wien. Dass unter all der Forschungsarbeit keineswegs ihre kompositorischen und pianistischen Fähigkeiten leiden, stellte sie im erneut ausverkauften Freitagskonzert des Jazzclubs eindrucksvoll unter Beweis. Die vorgestellten Kompositionen des neuen Albums „All In Good Time“, allen voran die gleichnamige Titelkomposition, weisen neben einer vielgestaltigen Melodik und Rhythmik eine Komplexität in Struktur und Harmonik auf, die, trotz ihrer Dichte, trotz ihres hohen künstlerischen Anspruchs und dem konsequenten Vermeiden gängiger Klischees einen unmittelbaren Zugang ins Innerste ihrer Zuhörer finden.
Leider nur eine Zugabe – die Weiterreise nach Madrid drängte –, dafür viele signierte CDs für viele begeisterte neue Fans und ein herzlicher Dank an die Organisatoren beschlossen einen grandiosen Konzertabend, der als Markstein in der jüngeren Veranstaltungsserie des Jazzclubs gelten darf.
Text und Fotos: Helmut Schönecker