18.05.2001: Schlaier Hirt Duo  – Jazzclub Biberach e.V.

18.05.2001: Schlaier Hirt Duo 

Juicy Chamber Jazz im Jazzclub Biberach

Alles im Fluß bei Schlaier und Hirt

Ein amorphes Kontinuum von Tönen, sich gelegentlich zu mysteriösen Aphorismen verdichtend, indifferent und vielfältig interpretierbar, kennzeichnet den skurrilen „Juicy Chamber Jazz“ des Ulmer Jazz-Duos aus Manne Schlaier (Gitarre) und Thomas Hirt (Saxophon, Flöte), welches im Biberacher Jazzkeller einem erlesenen Publikum seine Aufwartung machte.

Eine mitunter impressionistisch wirkende Unbestimmtheit schien vor allem bei Hirt zum Prinzip erhoben. Glatte, schwer fassbare modale Tonfolgen klangen teilweise wie rückwärts abgespielt, absichtlich verfremdet, in virtuoser Leere dahinplätschernd, nahezu unkenntlich in ihrer Flüchtigkeit, unfassbar und dennoch durchweg groovend. Sporadische Konkretionen zerplatzten sofort nach ihrem Erscheinen wie Seifenblasen, kaum zu fassen und darin vergleichbar manchen Gefühlen, die sich beim Versuch einer Ausformulierung dem Zugriff entziehen, wie Träume die beim Aufwachen zerstieben, irrational und unwirklich.

Federleichte Visionen, artifiziell und minutiös elaboriert in verwaschenen Strukturen über funktionslosen Harmonien der Gitarre, gegliedert bestenfalls durch Ostinatobildungen oder klangliche Abstufungen, besitzen kammermusikalischen Charakter nicht nur als elitäres Etikett. Sie regen an, sie inspirieren, sie polarisieren. Ihr Unterhaltungswert ist dennoch eher niedrig, selbst in den improvisierten Teilen erscheint die Spontaneität planvoll, die Treffpunkte der beiden monologisierenden Interpreten abgesprochen, ja gewaltsam. Einfaches Loslassen und in die Musik hineingleiten wird absichtsvoll verhindert, der Hörer immer wieder auf sich selbst zurückgeworfen: Die Frage ob Schlaier und Hirt hier einen künstlerischen Königsweg in die tieferen Schichten des Unterbewussten gefunden haben oder dem Publikum nur Kunstfertigkeit vorgaukeln, musste sich jeder Zuhörer selbst beantworten, so er sich dazu in der Lage sah. Dass die Musiker selbst jeder Eindeutigkeit aus dem Weg gehen, etwa kam kaum ein Titel ohne offenen Schluß aus, machte die Antwort nicht leichter. Die erklatschte und gnädig gewährte Zugabe sowie eine großzügig gewährte 5 sekundige Dreingabe zeugten dann aber doch vom spielerischen Charakter der Unternehmung.

Gez. Helmut Schönecker