Swing Tanzen Verboten!
Attraktives Swingprogramm lockt zahlreiche Fans in Jazzkeller
Nein. Verboten ist der in den 1930er und 40er Jahren in Deutschland als „entartete Kunst“ deklarierte staatsfeindliche Swing heute natürlich nicht mehr, auch wenn der Reiz des Verbotenen beim letzten Konzert so viele Gäste in den Jazzkeller lockte, dass Swing Tanzen aus Platzmangel dennoch nicht mehr möglich war. Möglicherweise waren aber auch die drei singenden Swingladys der Augsburger Jazzformation – Barbara Frühwald, Andrea Rother und Ute Legner – die noch besseren Attraktoren.
Das Konzept der vier höchst kultivierten Herren in der aus Piano, Gitarre, Bass und Schlagzeug bestehenden musikalischen Backline ging jedenfalls völlig auf. Die drei attraktiven Schönheiten in der Frontline entfalteten, wahlweise im Stil der legendären Andrew Sisters, eines Dreifachklons von Marika Röck oder den komprimierten Comedian Harmonists, ein Feuerwerk an überzeugender Close Harmony Power.
Die Faszination von in enger Lage geführten Vokalstimmen, stilecht bodenlangen, eng geschnittene roten Abendkleidern mit ellbogenlangen schwarzen Handschuhen und dazu passender Vamp-Mimik und -Gestik, gepaart mit einem schier unglaublichen Swing, der direkt in die Beine ging, ließ keinen Zuhörer unberührt. Die langen, feingliedrigen Finger des brillanten Daniel Mark Eberhard an Piano, Saxophon und Akkordeon trogen ebenso wenig, wie die flinken, aufgeweckten Augen des agilen Schlagzeugers Walter Bittner. Auch der mit perfektem Sound und Timing, gelegentlich zur Trompete wechselnde, Gitarrist Josef Holzhauser und der archetypisch mit vollem Körpereinsatz groovende Uli Fiedler am Kontrabass boten kultmäßig swingenden Jazz vom Allerfeinsten, der auch ohne die drei Damen an der Front sehr gut zu hören war.
Als durchaus instruktiv und erhellend erwiesen sich die in eine launige Anmoderation eingestreuten Informationen von Ute Legner zu den Tricks und Kniffen deutscher Musiker, die sie unternahmen um die verbotene Musik in der damaligen Zeit dennoch in Deutschland aufführen zu können Die Doppeldeutigkeit mancher Neutextung ließ anschaulich werden, dass manche Musiker damals durchaus gefährlich lebten und dennoch mit dem Feuer spielten.
Drei begeistert erklatschte Zugaben des Septetts führten dann allerdings soweit in die emotionalen Untiefen der Swingnostalgie, dass die zumindest bei Ute Legner latente augenzwinkernde ironische Distanz in gefährliche Schräglage geriet, Begeisterung in Euphorie und Rührseligkeit umschlug und mancher gestandene Modern Jazz Fan, so er sich unter die Swinggemeinde verirrt hatte, in konvulsive Zuckungen zu verfallen drohte. Unterhaltsam war das Ganze gleichwohl.
Gez. Dr. H. Schönecker