Junker ist immer für eine Überraschung gut
Barbara Balzan veredelt Bill Evans
BIBERACH – Keinen Moment lang vermisste man am Freitagabend im Biberacher Jazzkeller das sensible Jazzklavierspiel eines Bill Evans, der mit seinem legendären Trio in den 60er und 70er Jahren Jazzgeschichte geschrieben hatte. Evans Trio-Idee mit Klavier, Bass und Schlagzeug als gleichberechtigten Partnern in einem feinfühligen, lyrisch-introvertiertem Jazz, funktioniert offenkundig auch mit Junkers Gitarre. Manfred Junker’s „Journey Within“ hat mit ihrem bereits auf CD verewigten Programm „Celebrating Bill Evans“ in eigenen Arrangements des Bandleaders die Ideen von Evans wiederbelebt und fortgeschrieben, stimmlich veredelt durch die Schweizer Sängerin Barbara Balzan.
Die „Reise ins Innere der Musik“, wie sie wohl bereits Bill Evans vorschwebte, wurde in Junkers „Journey Within“ kongenial unterstützt durch das in langjähriger Praxis bestens aufeinander eingespielte Duo aus Matthias Daneck am Schlagzeug und Arne Huber am Kontrabass. Der aus Biberach stammende Daneck kontrapunktierte in dezenter Virtuosität die Huber‘schen Basslinien, die ihrerseits mit Junker’s Gitarrenmelodien und -Riffs verzahnt waren. Es spricht für die künstlerische Reife der Musiker, dass die Einzelstimmen ein außerordentlich hohes Maß an Selbständigkeit und Unabhängigkeit erreichten. Jede Stimme konnte überzeugend für sich alleine bestehen und doch harmonierten sie auch gemeinsam bestens zusammen, fügten sich in eine dichte, komplex-vielschichtige Gesamtstruktur.
Besonders erfrischend war dabei der Umstand, dass allzu Konventionelles konsequent vermieden wurde. So wurde der 3er-Takt des berühmten „Waltz for Debby“ kurzerhand in einen 5/4-Takt umfunktioniert, immer wieder überraschende Rhythmus- und Strukturwechsel in die Stücke eingebaut und vor allem die melodischen Linien durch den Einsatz der sehr wandelbaren, sympathischen Stimme von Barbara Balzan sorgfältig heraus präpariert. Glücklicherweise gibt es für viele Evans-Titel Texte, zumindest aber lyrisch-kantable Melodien, die eigentlich nach einer Singstimme verlangen. Somit ist das Junker’sche Projekt auch ästhetisch ein Gewinn, ja fast schon eine innere Notwendigkeit. Es ehrt Barbara Balzan, dass sie sich dabei niemals in den Vordergrund drängte, sondern mit ihrer warm timbrierten Stimme immer organischer Teil des Ganzen blieb.
Für weitere Abwechslung und Kurzweil sorgten tiefsinnige Soloeinlagen von Junker (Children‘s Play Song) oder inspirierte Duo-Einlagen von Junker und Balzan (Remembering the Rain). Auch die Soloimprovisationen von Daneck und Huber hatten hohen Unterhaltungswert und animierten die zahlreichen Gäste immer wieder zu einem Sonderapplaus. Barbara Balzans Scatgesang machte diese überdies auch bei den Improvisationen zu einem Aktivposten und vollwertigen Bandmitglied.
gez. H. Schönecker