Konzert mit der Siegerformation des Biberacher Jazzpreises 2008
Genial daneben
„Hornstrom – Die Badekappenband“ aus Köln ist ihrem innovativen Konzept, mit dem sie 2008 unter starker Konkurrenz den 1. Platz beim Biberacher Jazzpreis erringen konnte, treu geblieben. Ihr jüngstes Konzert im Biberacher Jazzkeller war erneut irgendwie daneben, das aber so richtig genial.
Dass die bedingungslose Suche nach dem Neuen in der Musik auch durchaus Skurriles, ja Abwegiges, mitunter aber auch nur Banales zu Tage fördern kann, liegt in der Natur der Sache. Wer ohne jedes Risiko diese Sache angeht, produziert eben bestenfalls durchschnittlichen Mainstream. Gerade im Jazz führt dies jedoch keinen Schritt weiter. Das endlos wiederholte Aufkochen des Altbewährten laugt die Seele dieser Musik so lange aus, bis sie in den Untiefen der Unterhaltungsbranche den Tod der Ignoranz und des Überflüssigen stirbt.
Ob in Songtiteln wie „Hundekot“ von der neuesten, noch nicht erschienenen Hornstrom-CD die wahre Inspiration fürs Schöne und Gute lauert, soll einmal dahingestellt bleiben. Auf jeden Fall kommt in solcherart Alltäglichem das Wahrhaftige zum Zuge, dissonante Cluster (= „Ton-Haufen“) der beiden rotbemützten Posaunisten (Tobias Wember, Philipp Schug) haben etwas sinnfällig Anrüchiges an sich und verführen eben gerade deshalb nicht zum gedankenlosen reintreten. Nicht nur schöner Schein und monetäre Zweckdienlichkeit stehen im Fokus musikalischer Eingebung, das Neue der mehrfach prämierten Formation findet sich hier in den pejorativen Feuchtgebieten der Alltagskultur wieder – „endlich sinnfrei“, wie eine besonders provokative Komposition des Abends, wohl in Anspielung auf ihren ausschließlich künstlerischen Selbstzweck hieß.
Weitere Titel wie der „Abschied vom Hochbett“, „Trauerlied für einen Goldfisch“, „Ballade für eine Wolke über dem Zoo“ ließen auch den beiden Mitstreitern mit den gelben Badekappen in der „Backline“, dem gerade von einem längeren USA-Aufenthalt zurückgekehrten Stammschlagzeuger Silvio Morger oder dem, neben Tobias Wember, auch für die meisten Kompositionen verantwortlichen Markus Braun am Kontrabass viel Raum für innovative, zupackende Grooves irgendwo zwischen Jazz, Rock, Minimal Music, Drum `n` Bass oder auch zeitgenössischer Kammermusik. Die freche Frische dieser unkonventionellen Herangehensweise ließ den Konzertabend, der, auf nur ein langes Set verdichtet, besonders kurzweilig seinem um eine Zugabe verlängerten Ende zustreben.