Christian Krischkowsky Quintett im Jazzkeller
Wie Phönix aus der Asche des traditionellen Jazz und Rock
Ein Bandkonzept, das Innovation als Vermeidungsstrategie von Konventionellem betrachtet, überkommene Strukturen radikal zertrümmert und aus den nur allzu bekannten Bruch- und Versatzstücken unkonventionell und ohne Berührungsängste Neues generiert, kann nur als rebellisch bezeichnet werden. Krischkowskys Weg zu neuen Ufern führte aber im Biberacher Jazzkeller zunächst buchstäblich ins Blaue.
Natürlich schmerzt es den Freund der traditionelleren Jazzmusik, wenn lieb gewordene Klischees, kaum dass sie irgendwo aufblitzen, wieder zerlegt oder gar zerfetzt werden und auf dem Abfallhaufen der Geschichte landen. Natürlich wird der Entspannung und Unterhaltung suchende Zuhörer zunächst einmal verwirrt oder gar verstört auf ständig gebrochene Versprechen reagieren. Aber manchmal wurden die vor vielen Jahren oder Jahrzehnten gewachsenen und mittlerweile völlig verkrusteten Organismen durch das Quintett des Ulmer Schlagzeugers Christian Krischkowsky eben auch sorgfältig filetiert, ihre Erstarrung aufgebrochen und ihr musikalisches Potential in neue, innovative Architekturen eingewoben.
Der „Schritt ins Blaue“ (Stepping In The Blue, Part I & II) oder Kompositionen wie „Rebirth“ oder „TS Bremen“, auch Titelsong der letzten, preisgekrönten CD der Formation, verweisen dabei unmissverständlich auf das rastlose Unterwegssein, auf eine künstlerische Suche, die auch dem mitsuchenden Publikum bestenfalls sporadisch eine Eisscholle zum Ausruhen bietet („Greetings from Spitzbergen“) und nicht wirklich zu einem Zielhafen führt. Diejenigen Zuhörer, die sich auf diese Reise ins Unbekannte einließen, kamen dabei zu immer neuen Orten („Kilimandscharo“), in immer neue Situationen („Bull Rider“, „Late Night Talk“) und in Kontakt zu immer neuen Personen, wobei ein „Mister Sergej“ eine etwas dubiose Rolle spielte.
Geradezu exemplarisch konkretisiert sich das kluge Konzept des Bandleaders Christian Krischkowsky in seiner Komposition „Chili“, die einen ebenso erfrischenden wie die Aufmerksamkeit fordernden Konzertabend beendete. In ungewöhnlicher Komplexität, befördert auch durch die ausgewogene Besetzung des Quintetts aus Andrej Lobanow (Trompete), Florian Riedel (Saxophone und Bassklarinette), Marc Schmolling (Piano) sowie Chris Lachotta (Kontrabass) in dem keinem der Mitspieler solistischer Vorrang gewährt wurde, keiner eine nur begleitende Rolle übernehmen musste, fügten sich, ästhetischen Aphorismen gleich, Relikte aus der reichhaltigen Jazz- und Rocktradition, gut gewürzt mit Elementen der musikalischen Avantgarde, zu etwas unverkennbar Neuem zusammen. Die Matrix, in der sich Tradition und Avantgarde durchdrangen war dabei unverkennbar eine rhythmisch geprägte. Nicht nur als Komponist, auch als Drummer hielt Krischkowsky bei allem Stil-Pluralismus mit druckvollem Beat in hoher Energiedichte die künstlerischen Fäden in der Hand.