Little Martin & The Roosters zu Gast beim Jazzclub Biberach
Heftige Bluesinfektionen im Jazzkeller
Keine Frage: Little Martin alias Martin Schönke und seine Profitruppe aus München haben den Blues! Bekanntlich kann man den Blues ja nicht einfach nur so runter spielen. Wer den Blues lediglich spielt, kommt von außen, geht eben nur spielerisch, akademisch oder gar pädagogisch und analytisch an den Blues heran. Das kann naturgemäß nicht funktionieren. Den richtigen Blues muss man im Blut, in den Genen haben. Oder man muss schon mal so weit unten gewesen sein, alles Leid der Menschheit persönlich im Rinnstein unserer Gesellschaft kennen gelernt und sich aus diesen Niederungen aus eigener Kraft wieder empor gekämpft haben. Dann und erst dann hat man den Blues und kann diesen auch glaubhaft, überzeugend, intensiv interpretieren oder gar leben, einfach spielen geht nicht.
Eine überraschend große Bluesgemeinde hat im Biberacher Jazzkeller den ausgebufften urbayrischen „Bluesern“ aus München ihre Lebensweisheiten begeistert abgenommen, sich vom typischen Bluesfeeling abholen lassen, mitgegroovt und mitgelebt und sich mit den unverwüstlichen Tönen des „Chicago Blues“ ein neues Lebenselixier verabreichen lassen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit einem unpässlichen Mikrofon und einer zunächst etwas düsteren Bühnenbeleuchtung stand mit einem Ersatz aus dem Fundus des Jazzclubs und mit der Routine von rund 120 Konzerten pro Jahr dem Siegeszug des Blues nichts mehr im Weg. Mit der archaischen Urgewalt einer Musik, die sich wie ein Rückgrat durch Jazz, Rock und Pop zieht und die sich dennoch ihre ursprüngliche Kraft bis heute bewahrt hat packte der bayrische Roosters-Blues sein Publikum mit Macht. Nicht nur die bekannteren Blues-Standards sondern mit der gleichen Überzeugungskraft auch die Eigenkompositionen von Martin Schönke schlugen eine Brücke in die Herzen der Zuhörer, die alsbald von einer heftigen Bluesinfektion ergriffen wurden.
Der Blues, auch der von „Little Martin“ kommt beileibe nicht virtuos daher. Im Gegenteil, je weniger Töne, desto treffender sitzen diese und dann braucht es auch nicht mehr davon. Die entspannte Unaufgeregtheit, ja geradezu Abgeklärtheit vor allem des Bandleaders an Gitarre und Mikrofon vermochte jene inspirierte „Coolness“ rüber zu bringen, die spätestens seit den Blues Brothers Filmen zu einem eigenen Blues-Kult geführt hat. Eine „Coolness“, die paradoxerweise das Blut zum Kochen bringt und ungeahnte Energien freisetzt. Unterwegs im Auftrag des Blues verschaffen Little Martin & The Roosters hoffentlich noch vielen Menschen eine musikalische Frischzellenkur.
Gez. Dr. Helmut Schönecker