09.12.2005: Tango-Logia Quintetto – Jazzclub Biberach e.V.

09.12.2005: Tango-Logia Quintetto

„Tango-Logia“ aus München im Biberacher Jazzkeller

Vom morbiden Charme toter Engel und verstorbener Großväter

Ein Jazzkonzert mit einem fünfstimmigen Fugato zu beginnen und mit dem musikalischen Andenken an den verstorbenen Großvater der argentinischen Tangolegende Astor Piazzola zu beschließen, zeugt trotz des jugendlichen Alters des neu formierten Quintetto „Tango-Logia“ aus München von großem Selbstbewusstsein und tiefem Verständnis für die Musik Piazzolas und des Tango überhaupt. Vier erklatsche Zugaben legten am Freitagabend im Jazzkeller ein beredtes Zeugnis davon  ab, dass dies beim Publikum auch ankam.

Der gastgebende und veranstaltende Jazzclub Biberach hatte mit dieser Musikrichtung ein nur sehr lose mit dem Jazz verwandtes Genre in seine Veranstaltungsreihe aufgenommen. Improvisation spielte, wenn überhaupt, dann nur eine sehr untergeordnete Rolle. Selbst der mit warmen und zarten Saxophonklängen sowie großer Virtuosität überzeugende Fabian Pablo Mueller spielte durchgehend nach Noten. Die versierte Violinistin Rebecca Schneider aus Stuttgart war ihm eine kongeniale Partnerin, dialogisierend oder in homophoner Zweistimmigkeit, ebenso sensibel und ausdrucksstark wie der sympathisch zurückhaltende Bandleader und ebenso notengetreu. Gitarrist Karl Epp, Kontrabassspieler Steffen Müller und der junge Mischa Ljeonchik aus Minsk am frisch gestimmten Steinwayflügel komplettierten das Quintett mit einem soliden rhythmisch-harmonischen Unterbau ohne jedoch eigene Akzente setzen zu können. Der ausgezeichneten Ensembleleistung des Quintetts tat dies allerdings keinen Abbruch.

Voll musikalischer Poesie und sinnlicher Ausstrahlung gerieten die besonders im zweiten Set dominierenden Balladen zu kleinen inspirierten Kostbarkeiten, luden zu entrücktem Zuhören, zum Loslassen des alltäglichen Einerleis ein. Den programmatischen Charakter dieser Musik unterstrichen „Die Vier Jahreszeiten“ in lockerer Anlehnung an Vivaldis berühmtes Vorbild. Vor allem „La Primavera“, der Frühling, der nach Piazzolas „Maria de Buenos Aires“ und dem „Tod eines Engels“ zum Ende des Konzerts in Ermangelung weiterer Stücke nochmals als Zugabe erklang, geriet in der Wiederholung zu dem Highlights des Abends, in dem sich selbst die anfänglich eher verhaltene Leidenschaft der spröden Schönen an der Geige in ein gelöstes Lächeln verwandelte.

Gez. Dr. Helmut Schönecker