09.11.2018: Tenor Madness – Jazzclub Biberach e.V.

09.11.2018: Tenor Madness

Junge baden-württembergische Jazzer stellen sich vor.

Unbekümmerte Exkursionen durch die weiten Gefilde des Jazz

BIBERACH – Eine erfrischende Mischung aus Eigenkompositionen, zumeist aus der Feder des jungen Pianisten Moritz Langmaier, sowie neuen, teils unkonventionellen Arrangements bewährter Standards von Amazing Grace und den Beatles über Chick Corea bis zum langjährigen Mentor des Bundesjazzorchesters Peter Herbolzheimer waren Kennzeichen eines kurzweiligen Konzertabends im Jazzkeller der Bruno-Frey-Musikschule mit einer der jüngsten Jazzbands des Landes. Und einmal mehr zahlte sich die Risikobereitschaft des Jazzclubs aus, auch dem Nachwuchs eine Plattform zu bieten. Ein volles Haus und viele jugendliche Besucher – bis 18 Jahre bekanntlich bei freiem Eintritt – erlebten mit „Tenor Madness“  direkten und unverstellten, ehrlichen, handgemachten Jazz auf einem hohen Energieniveau.

Das Trio aus Klavier (Moritz Langmaier, Wangen), E-Bass (Paul Dupont, Hockenheim) und Schlagzeug (Malte Wiest, Oberhöfen) bildete den Kern der Formation, agierte souverän und gut aufeinander eingespielt. Besonders Langmaiers Improvisationen zeigten sich dabei vielschichtig, abwechslungsreich und auch stilistisch offen. Seine stupende Spieltechnik und die vielfältigen musikalischen Einfälle ließen ihn – besonders auch in seinen Eigenkompositionen – zum „Spiritus Rector“ der Truppe werden. In sympathischer Zurückhaltung agierte er daneben gleichwohl ganz im Dienste des Ensembles, nahm keinem Mitspieler die Butter vom Brot. In gediegener handwerklicher Qualität vermochten dies auch Paul Dupont am E-Bass und der Initiator der Formation, Malte Wiest. Gelegentliche Soloeinlagen der beiden Vorstudenten beeindruckten bereits durch eine erstaunliche Reife und Virtuosität.

Die Herausforderung, zwei Melodieinstrumente in derselben Lage und Stimmung an die melodische Front zu stellen, verlangte den jungen Tenoristen allerdings eine Menge ab. Eine gute Koordination, saubere Intonation, klare Absprachen, eine sinnvolle Aufgabenteilung sowie rasche und flexible wechselseitige Reaktionen sind in diesem Falle zwingend. Die unterschiedliche Tongebung der beiden Bläser war dabei durchaus hilfreich.  Adrian Gallets Ton war sonor und intensiv während Lukas Wögler auf seinem Saxophon eher unterkühlt parlierte. Neben längeren Einzelimprovisationen gab es zwischen beiden auch echte Arbeitsteilung, das Staffelholz wechselte dabei flüssig und konditionsschonend seinen Besitzer. Komplementär angelegte Kollektivimprovisationen oder dichtere musikalische Interaktionen blitzten gelegentlich auf, machten Appetit auf mehr. Die nächsten Jahre in einer fundierten Ausbildung werden hier sicherlich auch komplexere Strukturen und eine noch raffiniertere musikalische Kommunikation zur Folge haben.

Waren im ersten Set noch Zurückhaltung und eine gewisse Anspannung zu verspüren, die Nahtstellen zwischen den einzelnen Versatzstücken teilweise noch gut hörbar, gelang im zweiten Teil nahezu alles mit leichter Hand und in großer spielerischer Gelassenheit. Eine erste Eigenkomposition des Drummers erwies sich harmonisch als durchaus interessant, ein Major-Sept-Akkord mit hochalterierter Quinte spielte dabei eine zentrale Rolle. In jugendlicher Unbekümmertheit und Bescheidenheit verriet Malte Wiest dem Publikum sogar, dass dies nach viel zu kurzer Probe vor Konzertbeginn, eine echte Uraufführung war. Einige effektvolle Bearbeitungen bewährter Standards beschlossen einen abwechslungsreichen Abend, der für frischen Wind in der Szene stand.

Text & Fotos: Helmut Schönecker