05.12.2003: Brass Mission  – Jazzclub Biberach e.V.

05.12.2003: Brass Mission 

Brass Mission erfüllen ihre Mission im Biberacher Jazzkeller

Edelmetall-Exhibitionisten

Fünf kapitale Mannsbilder der besonders standfesten Sorte, exzellente Blechbläser, exponierten sich im Rahmen der neuen Biberacher Veranstaltungsreihe „Brass partout“ am Freitagabend im Jazzkeller vor einem begeisterten Publikum: Geglückte Brass Mission im Jazzkonzert.

Drei ausdauernd erklatschte und bereitwillig gewährte Zugaben gaben Zeugnis von dem besonders im zweiten Set bei Publikum und Musikern gleichermaßen kulminierenden Enthusiasmus. Witzig-Ironisches, wie etwa eine hintergründige Persiflage über das von Albert Mangelsdorff in den Jazz eingeführte mehrstimmige Spiel auf einer Posaune, stand unmittelbar neben so Andächtig-Weihevollem, wie dem der Jahreszeit geschuldeten finalen Weihnachts-Special . Von warmen Bläserchoral-Klängen bis zu messerscharfen Bigband-Riffs, von melancholischen Bluesballaden zu modernen Jazz-Aphorismen reichte die Palette an Ausdrucksvarianten, die je nach Bedarf auf dem weicheren Flügelhorn oder der härteren Jazztrompete erklangen. Frappierend dabei die musikalische Eloquenz, mit der gewöhnliche, nur durch das Spiel mit der Raumakustik geadelte, tumbe Nachschläge mit höchst virtuosen, über das viergestrichene „c“ hinaufführenden Jubelarien verbunden wurden.  Dass dabei immer wieder auch ein sportlicher Aspekt des „Höher, Schneller, Weiter“ in den Vordergrund trat, liegt wohl in der Natur solch exzellenter Blechbläser, die einen gewissen exhibitionistischen Grundzug nicht verleugnen konnten. Die gegenseitigen Huldigungen bei geglückten olympiaverdächtigen Höhen- und oftmals auch gefährlichen Gratwanderungen ließen das Publikum an den wagemutigen Abenteuern der wackeren, edlen Trompetenheroen Jürgen Roth, Joachim Kunze und Martin Auer teilhaben. Der pejorative Begriff „Blech“ sollte angesichts solcher Leistungen eher durch Edelmetall ersetzt werden.

Bei weitem am erstaunlichsten an „Brass Mission“ war jedoch das Bandkonzept und hier vor allem der ungewöhnliche Band-Groove. Die Standardformation eines klassischen Blechbläserquintetts wurde mit drei Trompeten, Posaune und Tuba eben so neu definiert wie das typische Jazzensemble, wobei das Fehlen von Rhythmusinstrumenten de facto kaum ins Gewicht fiel, da der begnadete Tubist Harold Nardelli die komplette Rhythmus-Section in Personalunion verkörperte. Seinem solide groovenden Fundament verdankte „Brass Mission“ die Gelegenheit für zahlreiche musikalische Höhenflüge. Noch am ehesten in Stücken wie „Ant Square Dance“ oder „Meine Tante aus Böhmen“ klangen Standardmuster der Blasmusik hindurch. In „Don’t leave a friend with an empty bottle of wiskey“ und einer Reihe weiterer Eigenkompositionen fand die Musik hingegen zu ganz eigenen pittoresken Ausdruckformen. Der kanadische Posaunist Allan Jacobsen bot bei all dem einen sympathisch dezenten Kontrapunkt zu den drei dominierenden Trompeten, spielte aber mit seinen teilweise hochvirtuosen Beiträgen beileibe keine Nebenrolle.

 

Gez. Helmut Schönecker