05.03.2004: Falk Zenker – Jazzclub Biberach e.V.

05.03.2004: Falk Zenker

Konzentrierter Falk Zenker Solo im Jazzkeller

Funktionale Klangarchitektur aus der digitalen Trickkiste

Der Weg ins meditative Nirwana war oftmals nicht allzu weit, wenn  der Gitarrist Falk Zenker am Freitagabend im Jazzkeller an den Knöpfchen seiner Soundmaschinen drehte oder mit diversen Fußschaltern seinen digitalen Live – Sampler bediente, um den Raum bis unter die Decke mit sphärischen Klängen zu fluten. Ein veritabler Musiker mit beachtlichen spieltechnischen Fertigkeiten auf der Gitarre machte sich aber nur vordergründig auf die Suche nach dem ultimativen Sound.

Gleich zu Beginn des Jazzclubkonzertes versetzte Zenker sein Publikum einigermaßen unerwartet ins tiefste Mittelalter, als er die filigranen Melodien eines Hallelujas aus den Zeiten des gregorianischen Chorals kirchentonaler Klangversunkenheit  entriss um eine musikalische Brücke über mehr als 1000 Jahre musikalischer Klanglichkeit zu spannen. Behutsam garnierte er die auf der akustischen Gitarre höchst sensibel und plastisch herausgearbeiteten Melodien der ursprünglich einstimmig unbegleiteten Männergesänge mit arpeggierten, den Raum weitenden Gitarrenakkorden. Mit perfekt polyphonem Spiel umrankte er im zweiten Titel die parallelen Quarten und Quinten der frühen organalen Mehrstimmigkeit mit motettischen Arabesken, die er schließlich, durchaus jazztypisch, vermittels modaler Improvisationen aufbrach und damit auf die Musik der Gegenwart bezog. Zenker zeichnete dabei nicht nur den historischen Weg in die Mehrstimmigkeit und in die bis heute ungebrochen anwachsende Bedeutung der Klanglichkeit nach, und er eröffnete damit, durchaus hintergründig und doppelsinnig, nicht nur das Konzertprogramm, sondern dem Publikum auch mottoartig sein persönliches Anliegen: hypertrophe Klangsinnlichkeit als künstlerischer Selbstzweck.

Es folgten zumeist experimentelle Kompositionen, wie etwa das als quasi therapeutische Unterwassermusik funktional konzipierte „Liquid Cinema“, mit den sicherlich gewollten Anklängen an hoch- und tieffrequente Walgesänge oder esoterische Werke, wie „Grasgeflüster“  und „Windspiel“ unter Einsatz einer afrikanischen Grasharfe oder einer Kalimba. Ob diese aber nur einen psychedelisch-exotischen Weg über die Grenzen des eigenen Ichs hinaus darstellen oder ob sie gar in philosophischer Geistestiefe eine sublime Kritik an inhaltsleerer Klanglichkeit vieler Gegenwartskompositionen verkörpern sollen, muss sich der in den klanglichen Untiefen versunkene Hörer wohl selbst beantworten. In seinen vorgeschalteten Präludien hat Zenker jedenfalls deutlich genug darauf hingewiesen, dass seine kunstvollen Klangarchitekturen keinesfalls nur oberflächliche, angenehm klingende dabei aber unbeseelte ästhetische Illusionen sind. Zenkers Musik hatte gleichermaßen Kraft und Tiefe.