Horstmann-Wiedmann-Daneck-Trio zum „Jazzclub Special“ im Jazzkeller
Innovatives Klang-Multiversum mit Sinn und Seele
Der erste Eindruck, einer „Symphonie für Fußschalter und Effektgeräte“ beizuwohnen, täuschte glücklicherweise beim Jazzclub Special am vergangenen Freitag. Bei freiem Eintritt für die Mitglieder gab es ein auserlesenes Schmankerl zu verkosten: „Billy the Kid“ vom Horstmann-Wiedmann-Daneck-Trio.
Wo weniger begabte Musiker sich allzu oft hinter einer synthetischen Klangflut verstecken und mit aufgesetzten Effekten ihre Einfallslosigkeit kaschieren, haben die drei großen Jungs, Thomas Horstmann, Martin Wiedmann und Matthias Daneck, sich eine elementare Spielfreude bewahrt und die Hightech-Modelleisenbahn aus den Kinderjahren durch eine Hightech-Musikausrüstung aus diversen Effektgeräten, Synthesizern, Samplern, Modulatoren und fast armdicken Kabelsträngen ersetzt. Das Vergnügen im Umgang mit diesen, teilweise gar selbst entwickelten Spielgeräten kam bei den mitunter nur verblüfften, überwiegend aber hell begeisterten Zuhörern durchaus an. Experimentierfreunde, einmal nicht mit dem Rücken zum Publikum, sowie musikalische Innovationen mit Sinn und Seele gingen eine fruchtbare Symbiose ein.
Eberhard Webers polyphone Exerzitien mit dem digitalen Delay aus den 1980ern fanden ebenso ihren Niederschlag, wie die Klangmodulationen der klassischen elektronischen Musik von Stockhausen und Eimert aus den 50ern. Elemente aus der Techno- und Trance-Szene, in Verbindung mit Rap-Samples aus den 90ern und Klangschichtungen a la Luigi Nono aus den 60er und 70ern ergaben in Verbindungen mit den Motivschichtungen der „Minimal Music“ aus der selben Ära ein durchaus reflektiert wirkendes Konglomerat aus verschiedenen klanglichen und strukturellen Ebenen, ein zum Teil hochkomplexes Gebilde, wie in aufwändiger Arbeit am Computer zusammengestellt, nur eben kombiniert mit einer stringenten Livedarbietung im Jazzidiom für zwei Gitarren und Schlagzeug, die für sich genommen schon meisterlich erschien.
Die kundigen Zuhörer durften zum „Jazzclub Special“ an einer faszinierenden musikalischen Avantgarde teilhaben, in der das Neue nicht blutleer und abstrakt, aufgesetzt oder akademisch daherkam, sondern eine sympathisch-offene Emotionalität, Freude am eigenen virtuosen Tun, Humor in der Sache, kritische Reflexion und naive Sentimentalität gleichermaßen ausstrahlte. Eine musikalische Avantgarde, die den Status gehobener Unterhaltung lange hinter sich gelassen hat und dennoch erfrischend und unmittelbar die Sinne anspricht, angenehme Empfindungen hervorruft, zum Abschalten und Nachdenken anregt.
gez. Dr. Helmut Schönecker